Skip to main content

85 Jahre Heilpraktikergesetz - Ein Grund zum feiern

Justicia

Am 16. Februar wird das Heilpraktikergesetz 85 Jahre alt oder besser gesagt jung. Ursprünglich ein Gesetz, wonach die Heilpraktiker zum Aussterben verurteilt waren. Jedoch war es, aus heutiger Sicht für die naturheilkundlich Tätigen, die Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker eher ein Glücksmoment.

Ob es uns heute mit unseren vielseitigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten ohne dieses Heilpraktikergesetz noch geben würde ist anzuzweifeln.

Wir können also mit bestem Gewissen auf die Verabschiedung des Gesetzes zurückblicken. Um so mehr gilt es, für den Erhalt des Heilpraktikergesetzes auf allen Wegen einzutreten, um auch für die Zukunft unser erfolgreiches Wirken zum Wohle der Patientinnen und Patienten zu sichern. Seitens der Politik sind Bestrebungen im Gange, die gesetzlichen Grundlagen zu ändern, was nur zum Nachteil für unser Wirken und für die sich uns anvertrauenenden Patientinnen und Patienten gereichen würde. Es ist erkennbar, daß die politischen Entscheider vielfach das Heilpraktikerwesen ins seinem Kern nicht kennen.

Aus Anlaß des diesjährigen Jubiläums nachfolgend eine vom verstorbenen Kollegen Karl Fritz König, ehemailiger Präsident des "Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V." Kurzfassung zur Entwicklung der Heilpraktikertätigkeit wiedergeben.

Seit rund 150 Jahren, wenn einmal die weiter zurückliegend tätigen Naturheilkundler außer acht gelassen werden, helfen Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen verantwortungsvoll und erfolgreich kranken Menschen.

Nachfolgend einmal eine Kurzfassung der Entwicklung.

Diese Kurzdarstellung stammt von dem 2019 verstorbenen Kollegen Karl-Fritz König.

Heilpraktiker gibt es seit 140 Jahren

1869
wurde die allgemeine Kurierfreiheit eingeführt. Dies wird zuerst durch den norddeutschen Bund vollzogen,die übrigen deutschen Länder folgen bis 1873.

Diese einschneidende Gesetzesänderung mit dem Verlust des ärztlichen Behandlungsmonopols geschieht nicht zuletzt durch das Betreiben der Berliner medizinischen Gesellschaft, die durch diesen Schachzug die Ärzteschaft vom Kurierzwang befreit.

Das bedeutet nicht weniger als die Legalisierung der Ausübung der Heilkunde durch jeden, der sich dazu berufen fühlte.

Der Hintergrund dieser Gesetzesänderung war unbestritten, daß die Kranken, die von Ärzten offiziell abgewiesen werden durften, nun völlig legal die Hilfe von Heilkundigen in Anspruch nehmen konnten.

Als Konsequenz der Kurierfreiheit entstand folgerichtig ein Regulativ, das letztlich die jahrhunderte langen Gewohnheiten der einfachen Bevölkerung, die sich wegen der verbreiteten Armut sowieso keinen Arzt leisten konnte, seine Notwendigkeit bestätigte.

1869 war also die Geburtsstunde des nunmehr legal tätigen Heilpraktikerstandes.

Einige Jahre nach der Gesetzesänderung begannen sich die Heilkundigen zu organisieren um eine geregelte Aus- und Fortbildung anzubieten. Hiermit sollte nicht zuletzt das Bild vom Laienbehandler in der Öffentlichkeit positiv dargestellt werden.

In diesem Sinne wurde schon 1888 der Verein Deutscher Magnetopathen gegründet. Er war eine der ersten Organisationen der Heilkundigen. Weitere Vereinsgründungen durch Anhänger Kneipps und Schüsslers folgten, so der Kneippverein und der Biochemische Bund.

Um sich gegen die zunehmenden Angriffe aus dem konkurrierenden Lager zur Wehr setzen zu können, wurde

1903
der Schutzverband der Heilkundigen in Berlin gegründet.

1907
wurde auf Betreiben der Ärzteschaft eine Gesetzesinitiative gestartet, die Einschränkungen der Kurierfreiheit zur Folge gehabt hätten. Dies gelang jedoch nicht und führte nur zur Gründung von Gegenbewegungen, z.B.

1909 zur Vereinigung zur Erhaltung der Kurierfreiheit. Schon damals konnten unsere geistigen Vorväter ihre Positionen glaubhaft verteidigen, denn

1910 und 1911
wurden die Gesetzesentwürfe gegen Mißstände im Heilwesen erneut mehrheitlich vom Parlament abgelehnt.

Die Zeit nach dem 1. Weltkrieg begann zwangsläufig mit einem Neubeginn in der Verbandsarbeit der Heilkundigen.

1920 wurde der Verband der Heilkundigen Deutschlands in Dresden gegründet, der ab 1925 seinen Sitz in Essen hatte und die führende Berufsorganisation war.

1924
fand ein großer Kongreß der Heilkundigen in Dresden statt. Der gemeinsame Beschluß, die künftige Fachfortbildung zu zentralisieren, hatte eine richtungweisende Funktion.

1926
Gründung der ersten Privaten Krankenversicherung, die für Heilpraktikerleistungen aufkam.

1928
kommt es zu einer Neugründung, dem Großverband der Heilpraktiker Deutschlands. Bestrebungen, den Berufszugang zu reglementieren, ohne die Kurierfreiheit anzutasten, scheitern erwartungsgemäß.

1931
haben sich im Zuge einer liberalen Medizinalpolitik bereits 22 Heilpraktikerverbände etabliert. In Berlin wird vom Großverband Deutscher Heilpraktiker eine Heilpraktikerschule eröffnet.

1932 kommt es zu einer weiteren Zersplitterung durch die Gründung der Spitzenorganisation Deutscher Heilpraktikerverbände.

1933
führte Hitlers aufkommende Herrschaft zu ersten spürbaren Zwangsmaßnahmen. Der vom Reichsministerium eingesetzte Heilpraktiker Ernst Heinisch aus München wurde als Kommissar für die Heilpraktikerverbände eingesetzt.

Als nächstes wurden alle bisherigen Heilpraktikerverbände dem Heilpraktikerbund Deutschlands als Zwangsorganisation angegliedert. Die Führung des neuen Verbandes erhält umfassende Vollmachten, die fast einem Kammerstatus entsprechen.

Ab 1933 sind Aus- und Fortbildung sowie die Mitgliedschaft straff reglementiert.

1933
erscheint erstmals die Zeitschrift DER HEILPRAKTIKER der in einer Vereinigung mit der VOLKSHEILKUNDE noch heute besteht.

Die Vorbereitungen für ein sog. Heilpraktikergesetz begannen.

1934
trat HEINISCH von seinem Amt zurück. Ernst KEES wurde sein Nachfolger.

1935
wurde in Köln eine weitere Heilpraktikerschule gegründet

1936
Umsatzsteuerbefreiung als „freier Beruf“.

1937
verkündete Reichsärzteführer Dr. Wagner, dass Kurierfreiheit und Nationalsozialismus zwei unvereinbare Dinge seien.

1938
wurde, ergänzend zu den 23 bisherigen Entwürfen eines Heilpraktikergesetzes, von denen die ältesten noch aus der Weimarer Zeit stammten, ein neuer Entwurf erstellt.

Am 17. Februar 1939
wurde das aus diesem Entwurf resultierende Heilpraktikergesetz mit seiner 1. Durchführungsverordnung verkündet.
Es regelte nunmehr den Zugang zum Beruf mit einigen Mindestanforderungen, es war jedoch von vornherein als Aussterbegesetz des Heilpraktikerstandes geplant.

Am 12. Mai 1939
erhielt der Heilpraktikerbund Deutschlands - Reichsverband e.V. den Namen Deutsche Heilpraktikerschaft mit Sitz in Berlin.

Vom 19. bis 21. Mai 1939
findet die erste Reichstagung der Deutschen Heilpraktikerschaft in Berlin statt. Die anschließende 2. Durchführungsverordnung zum HPG hatte nicht nur die Schließung der Schulen zur Folge, sondern machte jede weitere Ausbildung unmöglich.

1943
erfolgte ein Verbot aller Fachfortbildungen.

1946
wurde Carl Moser aus München als vorläufiger Leiter der Deutschen Heilpraktikerschaft eingesetzt.

1947
finden erste Gespräche über neue Organisationsformen in München statt. Es erfolgt bis 1949 die Gründung von Landesverbänden.

1952
wird das Ausbildungsverbot als verfassungswidrig beendet. Ausbildung und Überprüfungen sind wieder möglich. Heilpraktikerschulen in München und Kettwig beginnen mit einem zweijährigen Vollzeitunterricht ihre Ausbildungsaktivitäten.

Heilpraktiker dürfen ihre Tätigkeit nur im Rahmen der eingeschränkten Kurierfreiheit nach einer amtsärztlichen qualifizierenden Gefahrenabwehrprüfung ausüben. Das Heilpraktikergesetz von 1937 stellt dazu die Eingangsvoraussetzung dar.

Anm. d. Red.: Im Laufe der Jahre haben sich unterschiedliche Heilpraktikerverbände und Fachorganisationen als Interessenvertretungen gegründet. Die "DH-Deutsche Heilpraktikerschaft" mußten aufgrund Rechtsprechung wegen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht umfirmieren und heißen heute "Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V."